Was bedeutet Stigmatisierung im Kontext psychische Erkrankungen?
Menschen mit psychischen Erkrankungen erfahren immer noch gesellschaftliche Stigmatisierung. Vor allem schwer psychisch kranke Menschen sind damit konfrontiert, dass andere sich von ihnen distanzieren.
Das Wort Stigma kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt Wundmal. Häufig fällt der psychisch kranke Mensch durch ein krankheitsbedingt verändertes Verhalten und Erleben auf und weicht somit von allgemeingültigen gesellschaftlichen sozialen Normen ab. Diese Normabweichungen können einen Prozess der Stigmatisierung in Gang setzen:
Spezifische Stereotype und Vorurteile sind wesentliche Bestandteile einer Stigmatisierung psychisch Kranker und können zu einer diskriminierenden Behandlung dieser Personen führen. Wenn beispielsweise eine Person mit Schizophrenie als inkompetent eingestuft wird, zweifeln die Arbeitgeber ihre Fähigkeit an, Arbeitsleistungen erbringen zu können (Vorurteil) und vermeiden es, diese Menschen einzustellen (Diskriminierung). Das Stereotyp der Inkompetenz kann auch zu aufgezwungenem Verhalten führen, wie z. B. Zwangsaufenthalt in Krankenhäusern, Vormundschaft oder Einschränkung unabhängiger Lebensoptionen.
Neben Inkompetenz gehören Gefährlichkeit und Selbstverantwortlichkeit zu den häufigsten Stereotypen über Menschen mit psychischen Erkrankungen. Medienberichte, die den Zusammenhang zwischen psychischen Störungen und Gewalt übertreiben, „zementieren“ das Stereotyp der Gefährlichkeit und führen zu einer öffentlichen Angst vor psychischen Kranken. Diese Befürchtungen führen zu Verhaltensweisen wie der Absonderung in armen Wohngegenden, Vermeidung oder Rückzug. Mit dem Stereotyp der Selbstverantwortlichkeit werden Menschen mit psychischen Erkrankungen für ihre Krankheit selbst verantwortlich gemacht. Demnach ist die Öffentlichkeit der Ansicht, dass betroffene Personen schlechte Entscheidungen getroffen haben, die zu ihrer Erkrankung führten, oder nicht genügend Anstrengungen zu ihrer Genesung unternommen haben.
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,
Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.
Menschen mit psychischen Erkrankungen erfahren immer noch gesellschaftliche Stigmatisierung. Vor allem schwer psychisch kranke Menschen sind damit konfrontiert, dass andere sich von ihnen distanzieren. Vorurteile über psychische Erkrankungen übertragen sich auf die Betroffenen, die es folglich umso schwerer haben, offen mit ihrer Erkrankung umzugehen und rechtzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die DGPPN macht sich gemeinsam mit vielen weiteren Akteuren für eine Gesellschaft stark, die offen und tolerant mit psychischen Erkrankungen umgeht.
Während sich der gesellschaftliche Umgang mit Depressionserkrankten in den letzten Jahren tendenziell zum Positiven gewandelt hat, ist der Trend für Menschen, die unter einer Schizophrenie leiden, negativ. So lehnen laut einer Studie fast ein Drittel der Befragten Schizophrenie-Erkrankte als Nachbarn ab. Mit zunehmender sozialer Nähe steigen die Ablehnungswerte auf bis zu 80 %. Studien belegen, dass allein das Gefühl, einer Stigmatisierung ausgesetzt zu sein, ausreicht, um die Gefahr eines Suizids bei Betroffenen zu erhöhen.
Die DGPPN setzt sich auf unterschiedlichen Ebenen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und gegen ihre Diskriminierung und die ihrer Angehörigen ein:
Faktenbasierte Aufklärung gegen Vorurteile
Mit fundierten Informationen und Publikationen wie dem Dossier sowie mit aktiver Pressearbeit, der Vermittlung von Experteninterviews und verschiedenen Veranstaltungsformaten wie z. B. Hauptstadtsymposien ist die DGPPN die Fachstelle für unverstellte Fakten rund um Psychiatrie und Psychotherapie.
Eine starke Stimme für Benachteiligte
Die DGPPN nimmt aktiv an politischen und gesellschaftlichen Debatten teil und setzt sich für die Belange Betroffener und Angehöriger ein. So hat sie sich beispielsweise klar gegen Rassismus positioniert und wendet sich bei unsachlicher, stigmatisierender Berichterstattung an den Presserat. Dennoch kommt es vor, dass Schlagzeilen und Artikel Menschen mit psychischen Erkrankungen in ein falsches Licht rücken. Das Trialogische Forum behält dies im Blick.
Ein Bündnis gegen das Stigma
Eine wichtige Säule in puncto Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen bildet das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit, das sich übergeordnet mit mehr als 100 Mitgliedsorganisationen der Antistigma-Arbeit verschrieben hat und zahlreiche Projekte – darunter z. B. „Fair Media“, die „Initiative Grüne Schleife“ und die jährliche „Aktionswoche Seelische Gesundheit“ – umsetzt. Das Aktionsbündnis befindet sich in Trägerschaft der DGPPN.
Auszeichnungen für vorbildliches Engagement
Zusammen mit dem Aktionsbündnis und der Stiftung Seelische Gesundheit verleiht die Fachgesellschaft jedes Jahr den Antistigma-Preis sowie für aufklärende Berichterstattung den Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus.
Kunstprojekte für mehr Sichtbarkeit
Die DGPPN initiiert und unterstützt Projekte, die in besonderer Weise dazu beitragen, psychische Erkrankungen über Kunst und Kultur in die Öffentlichkeit zu tragen und Vorurteile abzubauen. Die Fotoausstellungen „CRAZY“ und „Psychische Erkrankungen im Blick“ haben bereits ein großes Publikum erreicht. Auch auf dem DGPPN Kongress ist Kunst im Kontext psychischer Gesundheit ein fester Bestandteil des Programms.